Elementare Methode für prozessorientiertes Denken: Prozessmodellierung mit der BPMN 2.0

Philip Joschko

Philip Joschko

21. März 2019

Prozesse sind maßgeblich für den Erfolg eines Unternehmens. Das Business Process Management (BPM) ist der Ansatz zur nachhaltigen Gestaltung, Steuerung und Verbesserung von Prozessen. Wichtigste Methode hierbei ist die Dokumentation von Prozessen mittels Prozessmodellen. Die Business Process Model and Notation 2.0 (BPMN) ist der grafische Prozessmodellierungsstandard. Auch ohne ganzheitliches BPM bietet sich der Einsatz der BPMN in unterschiedlichen Bereichen an: Die Qualitätsmanagementnorm ISO 9001:2015 fordert explizit den prozessorientierten Ansatz. Nahezu jedes Projekt führt zu Änderungen an Prozessen, weshalb wir die prozessorientierte Brille von der Projektplanung bis zum Abschluss stets aufbehalten sollten. Die BPMN 2.0 ermöglicht zudem die automatisierte Steuerung von Prozessen mit Hilfe eines Workflow-Management-Systems (WfMS). Analysemethoden zur kontinuierlichen Verbesserung von Prozessen, wie zum Beispiel die Simulationstechnik basieren ebenfalls auf Prozessmodellen. Die TCI bietet in Zusammenarbeit mit der intellivate GmbH eine Seminarreihe zur BPMN an: Am 2. und 3. Mai 2019 haben Sie die Gelegenheit, in Mannheim das Basiswissen zu Notation, Werkzeugen und Methoden zu erwerben.

Ein Standard als Kommunikationsgrundlage

Die Business Process Model and Notation (BPMN) ist ein ISO-Standard zur Prozessmodellierung  (ISO/IEC 19510:2013). Die BPMN 2.0 hat das grundlegende Ziel eine Kommunikationsgrundlage für alle Aktivitäten rund um da Prozessmanagement zu schaffen. Gleich der zweite Satz in der Spezifikation liefert diese Vorgabe, die auch enthält, für wen die BPMN gedacht ist:

The primary goal of BPMN is to provide a notation that is readily understandable by all business users, from the business analysts that create the initial drafts of the processes, to the technical developers responsible for implementing the technology that will perform those processes, and finally, to the business people who will manage and monitor those processes.
– vgl. OMG 2013

Die BPMN 2.0 bietet also eine Kommunikationsgrundlage für alle Beteiligten, für die Fachabteilung, für die IT und für das Management. Ich betone das in meinen Schulungen unentwegt: Das, was wir modellieren, modellieren wir nie zum Selbstzweck, sondern irgendjemand soll sich das später natürlich einmal anschauen und Nutzen daraus ziehen – ohne dabei Augenschmerzen zu bekommen. Um das möglich zu machen, müssen wir uns schon vor der ersten Modellierung einige Gedanken über unsere Ziele machen.

Warum wir Prozessmodellierung brauchen

Ob wir nun Top-Down ein ganzheitliches Prozessmanagement einführen oder Bottom-Up die Prozessmodellierung als begleitende Methode in unseren Projekten benutzen – als Notation können wir die BPMN 2.0 verwenden.

Wir können und wollen in einem Prozessmodell nie alle Details eines Prozesses abbilden. Es handelt sich nur um ein Modell und bei Modellen wird von irrelevanten Details abstrahiert. Wir müssen also festlegen: Was ist relevant?

Relevant ist, was mit den Modellierungszielen in einem hinreichenden Zusammenhang steht. Mögliche Ziele habe ich im Folgenden in drei Gruppen eingeteilt:

1. Fachliche Dokumentation

Die fachliche Dokumentation steht bei der Prozessmodellierung häufig im Vordergrund und bildet auch die Basis für weiterführende Aktivitäten. Sie ermöglicht uns, die Fachabteilungen bei der Dokumentation mit einzubeziehen und der Methode die notwendige Akzeptanz in der Belegschaft zu verschaffen. Einige handfeste Gründe, Prozessmodelle zur fachlichen Dokumentation zu nutzen und anschließend als „Prozesshandbuch“ bereitzustellen sind:

  • Zur Schulung und Wissenserhaltung im Unternehmen als prozessbasiertes Informationsmanagement.
  • Qualitätsmanagement: Die ISO-9001:2015 fordert explizit die Betrachtung und Dokumentation von Prozessen.
  • Projektbegleitend im Change Management: Jedes Projekt verändert Prozesse!
  • Interne Schnittstellen klären, zum Beispiel Prozesse zwischen verschiedenen Abteilungen.
  • Externe Schnittstellen mit Partnern klären, zum Beispiel Kunden oder Lieferanten.
  • Compliance nach BDSG und EU-DSGVO sicherstellen.

Bisher haben wir häufig gesehen, dass fachliche Prozessbeschreibungen als Texte oder Tabellen erstellt werden. Der Vorteil der BPMN ist: Ein grafisches Modell ist für den Betrachter viel schneller verständlich.

2. Prozessanalyse

Die Analyse und kontinuierliche Verbesserung von Prozessen erfordert ebenfalls die Dokumentation von Prozessen, am besten in der BPMN 2.0. Meist ist ein „Prozesshandbuch“ hier nicht mehr das geeignete Medium, wir analysieren die BPMN-Prozesse lieber direkt in einer Software mit entsprechenden Funktionen. Dabei wollen wir:

  • Anforderungsanalysen erstellen, zum Beispiel für neue IT-Systeme
  • Prozesskostenrechnung mit variablen und fixen Kosten durchführen
  • Risiken und Schwachstellen im Prozess identifizieren
  • Kennzahlen wie Effizienz, Kosten, Laufzeiten und Ressourcenbedarf analysieren
  • Kennzahlen verbessern, zum Beispiel Effizienzsteigerung.

Verschiedene Software-Werkzeuge bieten uns hierfür ganz unterschiedliche Funktionen. Die Software IYOPRO beinhaltet beispielsweise eine wissenschaftlich fundierte Simulationskomponente, die ich in an anderer Stelle näher beschrieben habe.

3. Technische Steuerung

Ein ganz anderer Fokus ist die automatisierte Steuerung von Prozessen mit Hilfe eines Workflow-Management-Systems. In BPMN 2.0 modellierte Prozesse können von einem Workflow-Management-Systems gesteuert, teilweise automatisiert und überwacht werden. Unsere Motivation dabei dürfte sein:

  • Aufgaben- und Informationsfluss steuern: Die richtige Person erhält zur richtigen Zeit die richtigen Informationen.
  • Orchestrierung der Nutzung unterschiedlicher IT-Systeme
  • Automatisierung einzelner Aufgaben, zum Beispiel per Robotic Process Automation
  • Ticketsystem im Prozessportal für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (und gegebenenfalls auch für die Kunden)
  • Monitoring von Prozesskennzahlen und Überwachung von kritischen Prozessen.

Die Steuerung von Workflows per BPMN zu lösen, bringt Transparenz in ihre Geschäftslogik. Die Fachabteilungen können den Prozess selbst in der BPMN 2.0 entwerfen. Ihre Anwendungen sind somit keine Black-Box mehr, die nur noch von der IT durchschaut werden.

Das eine solche Automatisierung mit der BPMN 2.0 möglich ist, ist herauszuheben, wenn man bedenkt, dass man dafür früher Zwischenschritte zum Beispiel über die BPEL benötigte, um vorhandene Prozessdiagramme in einem Workflow-System ausführbar zu machen. Man merkt der Notation diese technischen Möglichkeiten aber stark an. Einige der Elemente der BPMN 2.0 wurden primär für die Prozessautomatisierung bereitgestellt.

Unabhängigkeit von Software-Herstellern

Die standardisierte grafische Notation der BPMN – bestehend aus Symbolen und Pfeilen – wird als ebenfalls standardisierte XML-Datei gespeichert. Dieses einheitliche Format ist nicht nur angenehm lesbar, es ermöglicht auch die Weiterverarbeitung in verschiedenen Werkzeugen. Wir sind unabhängig von einem konkreten Software-Werkzeug. Wir könnten unsere Modelle im- und exportieren, mit dem einen Tool die Modelle editieren, mit einem anderen Tool auswerten und mit einem dritten Tool automatisieren. Im besten Fall nutzen wir eine Software, die all die Funktionen liefert, die wir brauchen. Es gibt aber eine Vielzahl von Werkzeugen auf dem Markt, die ganz unterschiedliche Funktionen, Schwerpunkte und Zielgruppen bieten.

Solange man die Prozessmodellierung in kleineren Projekten nutzt, kann man hier auch noch experimentieren. Spätestens bei einem unternehmensweiten Roll-out eines Prozessportals will das Werkzeug aber sorgsam ausgewählt werden. Manchmal fertigen sich Unternehmen dafür Wunschlisten mit Must-Have- und Nice-To-Have-Funktionen an, die leider noch gar nicht recht durchschaut wurden und entsprechend schlecht hinterfragt werden können. Das wissen einige Hersteller, und bemühen sich darum, jede erdenkliche Funktion irgendwie abzubilden. Die Qualität ist in einigen Fällen zunächst zweitrangig – Hauptsache der Haken auf der Checkliste des Kunden kann gesetzt werden. Ein fundiertes Wissen über die Möglichkeiten, die uns die Prozessmodellierung bietet, ist daher unverzichtbar bei der Werkzeugauswahl.

Seminarreihe von TCI und intellivate GmbH

Die TCI bietet gemeinsam mit dem Software-Hersteller und IT-Beratungsunternehmen intellivate GmbH eine Seminarreihe zum Thema BPMN an, um das notwendige Basiswissen aufzubauen. Diese findet am 2. und 3. Mai 2019 in Mannheim statt.

In dem zweitägigen Basiskurs „BPMN 2.0 Modellierung“ lernen Sie die grundlegenden Elemente der Notation BPMN 2.0 und deren Anwendung bei der Prozessmodellierung kennen. Anhand vieler Übungen können Sie Ihr erlerntes Wissen sofort mit der BPM-Suite IYOPRO online in die Praxis umsetzen und erfahren nebenbei wichtige Tipps und Tricks, die sie schnell befähigen, eigene umfangreiche Prozessbeschreibungen zu erstellen und diese auch organisatorisch in Ihrem Unternehmen einzubetten.

Die Schulungsteilnehmer werden alle Lerninhalte während der Schulung mittels IYOPRO ausprobieren. Ausreichend lange Praxisphasen mit kleinen Übungsbeispielen sind eingeplant. Die Lernziele sind:

  • Kennenlernen grundlegender Elemente der BPMN 2.0
  • Kennenlernen des grundlegenden Umgangs der Notation unter Anwendung der BPM-Suite IYOPRO
  • Fähigkeit eigene Prozessbeschreibungen zu erstellen
  • Fähigkeit ein unternehmensweites Prozessmodell aufzubauen und E-to-E Prozesse zu dokumentieren.
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Abbildung 1: Ein Prozessmodell in der BPMN 2.0. (Bild: © Philip Joschko / TCI GmbH)

In dem ebenfalls zweitägige. Aufbaukurs „BPMN 2.0 Simulation“ lernen Sie eine komplexe Analysemethode für Ihre Prozesse kennen: Die computergestützte Prozesssimulation ermöglicht Ihnen das Messen von Prozessleistungen, wie zum Beispiel Prozesskosten und -laufzeiten, Wartezeiten, Effizienz, Ressourcen und Engpässe. Prozesssimulation unterstützt die Bewertung neuer innovativer Geschäftsmodelle und zukünftiges Prozessverhalten. Mit der Simulationstechnik können Sie Strategien vergleichen oder Prognosen für eine geänderte Auftragslast zum Beispiel für Stresstests erstellen.

Auch in dieser Schulung werden die Schulungsteilnehmer alle Lerninhalte während der Schulung mittels IYOPRO ausprobieren. Lernziele sind:

  • Kennenlernen der theoretischen Grundlagen der Simulationstechnik
  • Kennenlernen stochastischer Ein- und Ausgabeparameter
  • Fähigkeit, eigene Simulationsexperimente zu planen und durchzuführen
  • Fähigkeit, Strategien und Systemalternativen nach ausgewählten Kennzahlen zu vergleichen.
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Abbildung 2: Die Simulationsansicht eines Prozessmodells in IYOPRO. (Bild: © Philip Joschko / TCI GmbH)

Seminarreihe zur Prozessmodellierung mit BPMN 2.0: Nehmen Sie teil!

Nutzen Sie die Chance und nehmen Sie an unserer Seminarreihe zur Prozessmodellierung mit BPMN 2.0 teil. Weitere Informationen zur Teilnahme und Anmeldung finden Sie unter https://www.tci-partners.com/de/news-termine-26#scheduleWidget.

(Coverbild: © Africa Studio | stock.adobe.com)

Über den Autor

Philip Joschko

Philip Joschko

Der promovierte Diplom-Informatiker Dr. Philip Joschko bearbeitet als freier Unternehmensberater, IT-Projektmanager, Seminarleiter, Software-Architekt und Workflow-Entwickler alle Themen rund um Geschäftsprozesse und IT-Unterstützung.

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