Umsetzung von Projekten: Realität und geplanter Verlauf gehen meist stark auseinander. Muss das sein?

Walter Manns

Walter Manns

18. Januar 2019

Es gibt eine nahezu unüberschaubare Menge an Untersuchungen über die erfolgreiche Umsetzung von Projekten in Organisationen. Dabei werden unterschiedliche Ursachen und Schlussfolgerungen für Erfolg oder Misserfolg aus diesen Analysen gezogen. In einem Punkt gibt es allerdings eine signifikante Übereinstimmung: Die Anzahl der Projekte, welche in der Umsetzung deutlich anders laufen als ursprünglich geplant, liegt bei deutlich über 50 Prozent. Allerdings ist die Dunkelziffer hier nach Meinung aller zusätzlich sehr hoch. Warum ist das so? Sind es zu engagierte Ziele? Ist das Budget zu knapp? Sind die Ressourcen nicht vorhanden? Der Zeitrahmen zu eng? Die Unterstützung durch das Management nicht ausreichend? Viele Fragen und mindestens genauso viele Antworten. Dabei gibt es mit Sicherheit einen Ansatz, der vielleicht nicht alle, aber die Mehrzahl der Ursachen für das Fehllaufen von Projekten erfolgreich eliminiert: ein systematisches, ganzheitliches und individuell angepasstes Veränderungsmanagement.

Die Krux mit den Projekten

Projekte, die nur holprig umgesetzt werden, die viel länger laufen als geplant. Projekte, bei denen die Kosten weit höher ausfallen als geplant. Schwierigkeiten bei der Umsetzung, die niemand vorhergesehen hat; Ziele, die nicht erreicht werden oder durch Minimalziele ersetzt werden. Projekte, bei denen ein Neustart (Reset) notwendig wird; oder sogar gänzlich scheitern und aufgegeben werden. Ganz zu schweigen von internen und externen Image-, Vertrauens- und Motivationsverlusten. Wir alle kennen sie: Die „guten Gründe“ aus Erfahrung, warum das Thema Projekte für viele negativ besetzt sind.

Fakt ist: Projekte sind überall und finden zu allen Zeiten und mit unterschiedlichsten Inhalten statt. Früher eher die Ausnahme/das Besondere, heute sind sie oft Routine geworden. Obwohl das schon in sich eigentlich einen Widerspruch birgt:

„Der Begriff Projekt wird heute sehr weitläufig, fast schon inflationär, gebraucht. Teilweise ist sogar scherzhaft schon von Projektitis die Rede.“
~ Sven, 2016; Agile-Master.de.

Gerade deshalb auch vielleicht ein kurzer Ausflug zur Vergegenwärtigung der Definition von Projekten:

„Ein Projekt ist eine zeitlich befristete, relativ innovative und risikobehaftete Aufgabe von erheblicher Komplexität, die aufgrund ihrer Schwierigkeit und Bedeutung meist ein gesondertes Projektmanagement erfordert.“
~ Prof. Dr. Gerhard Schewe / Prof. Dr. Kai-Ingo Voigt; Gabler Wirtschaftslexikon.

Noch einfacher kann man auch einfach festhalten: Beabsichtigt man in einer Organisation einen existierenden Zustand (Ist) in einen neuen Zustand (Soll) zu transferieren, dann passiert das in der Regel in Form eines Projektes. Was nicht mehr und nicht weniger heißt, dass für diese Aufgabe eine bestimmte Zeit, festgesetzte Ressourcen und sowohl ein Anfang als auch ein Ende definiert ist. Dann muss der „Soll-Zustand = Ist-Zustand“ sein. Ansonsten ist die Sache – das Projekt – gescheitert. Eigentlich ganz einfach. Aber warum funktioniert es dann so häufig nicht? Was läuft da verkehrt?

Ein Standard-Projekt-Rezept

Schauen wir uns zunächst an, welche Grundvoraussetzungen für eine erfolgreiche Projektarbeit notwendig sind. Man braucht:

  • Projektziel (Beschreibung Soll-Zustand)
  • Projektleiter/Manager/Kümmerer et cetera (einen, der verantwortlich ist)
  • Projektteam (diejenigen, welche die eigentliche Arbeit machen sollen)
  • Projektressourcen (finanzielle, materielle, zeitliche, externe, interne)
  • Projektplanung (Zeit, Maßnahmen, Aktivitäten, Kontrollen, Budget)
  • Commitment der Beteiligten (siehe oben) sowie der Stakeholder (diejenigen, die das Projekt „wollen“).

Sind die „Zutaten“ richtig, die Qualität gut, die Menge ausreichend, der Prozess bekannt und das „Rezept“ korrekt, dann kann es losgehen. Und eigentlich sollte der Erfolg (das heißt, der neue Ist-Zustand) sich wie geplant einstellen.

Mit dieser Grundausstattung geht es von der Regel in die Praxis. Denn schließlich gibt es Projekte und Projektarbeit nicht erst seit gestern, sondern das wird schon seit vielen Jahren so gemacht.

Und genau deshalb geht es eben auch immer wieder schief oder zumindest nicht so wie geplant.

Eine Fehleranalyse

Die Liste der Fehler, welche bei Projekten passieren, ist lang und erstreckt sich auf alle Teile, Phasen und Abläufe des Projektes. Da jedes Projekt letztlich auch immer sehr einzigartig ist, treten die Fehler immer wieder etwas anders und mit anderen Wirkungen auf.

Allerdings, und darauf soll sich hier beschränkt werden, gibt es eine grundlegende und entscheidende Ursache für den fehlenden Erfolg im oben aufgeführten Rezept – und damit bei den meisten Projekten in der Praxis. Der Fokus des Projektes muss anders gesetzt werden.

Das Grundlegende an Projekten, gleich welcher Art und welchen Inhaltes, ist die Veränderung. Damit sind alle Projekte vor allem und in erster Linie Veränderungsprojekte. Das aber bedeutet wiederum, dass der Fokus des Projektes auf den Veränderungsprozess gelegt werden muss. In der Praxis wird aber gerade das häufig nicht getan. Die Sachthemen, (was, wer, womit, vielleicht sogar wozu) stehen im Vordergrund und werden aktiv vorangetrieben. Die Frage nach dem: wie gelingt es, alle Beteiligten auf dem Weg von A nach B (Ist nach Soll) mitzunehmen, sodass am Ende tatsächlich das Soll dem neuen Ist entspricht, die wird häufig vernachlässigt beziehungsweise erst dann beachtet, wenn zu einem fortgeschrittenen Zeitpunkt der Misserfolg festgestellt wird.

Das Erfolgsrezept

Ob ERP-Projekt, M&A, Restrukturierung, Prozessoptimierung, Digitalisierung, Geschäftsmodelloptimierung, Internationalisierung, Organisationsentwicklung oder um welche Projekte es sich inhaltlich auch handeln mag: Allesamt wollen immer eine Veränderung erreichen und sind damit auch im Schwerpunkt als Veränderungsprojekte zu betrachten. Der Veränderungsprozess muss im Vordergrund stehen. Es geht um all die Fragen rund um: Wie gelingt es, Menschen dazu zu bringen, gewohntes Terrain (Rollen, Verhalten, Regeln) zu verlassen und sich auf das Risiko eines neuen, unbekannten, ungewohnten Gebietes einzulassen?

Das oben aufgeführte Grundrezept muss also zunächst um die wichtigste Komponente erweitert werden: Veränderungsmanagement.

Was bedeutet das aber konkret? Kann das Veränderungsmanagement nicht von dem Projektmanager oder dem Management mit übernommen werden? Ist das denn so kompliziert?

Was wirksames Veränderungsmanagement ausmacht

Für ein gutes Veränderungsmanagement braucht man vor allem eines: Erfahrung. Ohne eine langjährige, vielfältige und facettenreiche Erfahrung in Veränderungsprojekten wird es kaum gehen. Zum einen, weil es für Veränderungsmanagement keine Anwendungsformel gibt. Zum anderen, weil man das notwendige „Standing“ gegenüber allen Beteiligten (von Topmanagement bis Shopfloor) braucht. Und zum Dritten, weil es die totale Fokussierung einzig und allein auf den Veränderungsprozess verlangt; sprich: auf die Bedenken, die Ängste, die Aufnahmebereitschaft, die Geschwindigkeit, die Motivation, Frustration, Widerstand, und so weiter und so fort. Mit einem Wort: auf die Softfacts des Prozesses.

Dazu sollte der Veränderungsmanager einige Fähigkeiten mitbringen, die ihn genau darauf vorbereiten. CapGemini Consulting kommt in einer breiten Untersuchung von 2015 zu folgender Charakteristik:

Fünf wichtige Eigenschaften des Change Leaders (Veränderungsmanagers)

  • Spirit: Er trägt die Vision des Wandels in das Unternehmen.
  • Standing: Er ist gelassen, unabhängig, erfahren und integer.
  • Dialogbereitschaft: Er kommuniziert offen, klar und fair.
  • Empathie: Seine Führung lässt Wertschätzung erkennen.
  • Passion: Er führt den Wandel aus Leidenschaft.

Und zur Persönlichkeit des Veränderungsmanagers müssen die folgenden Punkte erfüllt sein:

Alter Hase schlägt jungen DachsFür die Aufgabe braucht es Standing. Dieses Resultat aus der Befragung überrascht nicht. Wohl aber jenes: Change Leader sind eher gestandene Führungskräfte mit breiter Erfahrung in Veränderungsprojekten.

Wie – einmal nicht die Jungen, Smarten, die mit Vernetzung und Digitalisierung aufgewachsenen Mitt- bis Enddreißiger?

Klare Antwort: Nein.

Diese grundlegenden Einsichten sind allerdings nur der erste Schritt. Teil Zwei dieses Beitrags setzt dieses Wissen in die Praxis um und legt dar, wir professionelles Veränderungsmanagement funktioniert, was es anders macht und wie das Berücksichtigen der richtigen Faktoren zur richtigen Zeit – nämlich rechtzeitig – sich allein schon finanziell positiv auf den Projekterfolg niederschlägt.

Hier geht es direkt zum Beitrag: Warum – und wie – professionelles Veränderungsmanagement den entscheidenden Unterschied macht.

(Coverbild: © kasto | Fotolia )

Über den Autor

Walter Manns

Walter Manns

Walter Manns, mit seinen mehr als 30 Jahren Erfahrung in unterschiedlichsten Bereichen, insbesondere im Management in elementaren Veränderungs- und Krisensituationen, bringt er Controlling und Unternehmertum auf einen gemeinsamen Punkt.

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