Zukunftsfähiges Transformations-Tool für Unternehmen: Erfahrungen mit Shared LeaderShift©

Barbara Wietasch

Barbara Wietasch

18. Dezember 2019

Das große Ziel lautet Zukunftsfähigkeit – doch der Weg dorthin kann sehr unterschiedlich aussehen. Vieles davon hängt vom Führungsstil ab, der in den Unternehmen gelebt wird. Denn selbst in vermeintlich a-hierarchischen Konstellationen bleiben dieselben Herausforderungen häufig bestehen. Der Dreh- und Angelpunkt liegt in der konkreten Implementierung der Führung. Ein besonders vielversprechender Ansatz hierzu ist das Shared LeaderShift©-Modell. Wie diese innovative Art zu führen in die Unternehmen eingebracht werden kann, erläutert Barbara Wietasch, Partnerin der TCI, im folgenden Abschlussteil unserer Interviewreihe.

Drei Wege zum Ziel Zukunftsfähigkeit für Unternehmen – Barbara Wietasch in Interview

Schönen guten Tag Frau Wietasch, mit dem Konzept Shared LeaderShift© gehen wir also von einer Teilung der Führung nach Rollen aus – ausgeführt durch die einzelnen Akteure oder „Helden“ im Triumvirat. Wie funktioniert hier die Zusammenarbeit?

Tatsächlich wird mit diesem Modell die Führungsleistung erbracht, die für einen nachhaltigen Unternehmenserfolg idealtypisch ist. Durch drei Personen gemeinsam, immer auf Augenhöhe. Damit die Dreiteilung der Führung zum Wohl der Organisation gelingt, ist eine gute Kollaboration unerlässlich. Und die Einhaltung der Governance, die Werte und Spielregeln definiert. Sie regelt, wie der Austausch erfolgt, wie Entscheidungen getroffen werden, und wie sichergestellt wird, dass das Triumvirat eine Sprache spricht.

Dazu ist es natürlich erforderlich, dass sich die Führungsteams regelmäßig Zeit für diese gemeinsame Arbeit nehmen. Wie im agilen Arbeiten üblich, sollte ein Regelaustausch stattfinden, zum Beispiel in Form von Weeklys. Diese folgen einem einheitlich definierten Ablauf, deren Spielregeln sich das Triumvirat selbst geben kann.

Die bereits benannte Governance fordert dabei, dass alle Rollen gleichberechtigt agieren, unterschiedliche Perspektiven ersichtlich sind und bei einer kooperativen Entscheidungsfindung berücksichtigt werden. Wenn man so möchte, kann man sie als den organisationalen Kitt einer neuen Führungskultur bezeichnen. Diese Art, Führungsleistung zu erbringen, erfordert eine entsprechende Grundhaltung aller Beteiligten, und sicherlich zunächst Coaching, Training und eine Prozessbegleitung.

Das klingt nach einem komplizierten Implementierungsprozess auf dem Weg dorthin. Wie sieht die Umsetzung im Unternehmen konkret aus?

Das Triumvirat als neues Führungsmodell kann unmittelbar, also auch in noch ausgeprägte Linien- oder Matrix-Strukturen eingeführt werden, je nach Reifegrad oder Ausrichtung der Organisation. Bei Bedarf oder Interesse ist es auch denkbar, dies zunächst als Experiment anzugehen. Dafür braucht es ja tatsächlich „nur“ ein neues Denken, die Benennung von drei Rollenrepräsentanten beziehungsweise auch der vierten Rolle sowie die Ausgestaltung einer Governance für dieses erste Experiment.

Organisationen können sich mit „Shared LeaderShift© im Triumvirat“ also zeitnah auf den Weg in die Zukunft machen, ohne großen Testlauf, wenn man so möchte. Neben dem Experiment stehen dafür jedoch noch zwei weitere Wege zur Verfügung: indem sich das Unternehmen als Lernende Organisation versteht, oder auch das strategische Re-Design umfassend in Angriff nimmt.

Die Führungsrollen im Shared Leadershift©-Modell in plastischer Darstellung als Pyramiden-Kegel
Die Führung anhand des Shared LeaderShift©-Modells – im Triumvirat – lässt sich als dreidimensional als Pyramide denken: Purpose & Stragey bilden die Grundlage, auf denen alles Weitere aufbaut. (Bild: © Barbara Wietasch / Eva-Maria Danzer)

Gut, fangen wir klein an mit dem Experiment. Organisationen können also sozusagen eine neue Welt in ihre alten Strukturen einbringen?

Genau; man könnte es auch als kleinen Appetithappen bezeichnen oder als Pilot-Projekt. Es geht also darum, das Shared LeaderShift©-Modell zunächst einmal auszuprobieren. Wenn eine Organisation diesen Weg einschlägt, dann definiert sie einen bestimmten Zeitraum, beispielsweise zwölf Monate, und führt das Triumvirat auf Zeit und in einer Pilot- beziehungsweise Experimentiergruppe ein. Dafür könnte sich zum Beispiel ein Bereich eignen, der gerade mit einem neuen Projekt beauftragt wurde, oder eine Einheit, die sich zum Ziel gesetzt hat, agiler zu handeln beziehungsweise den Kunden stärker in den Fokus zu nehmen. Genauso gut eignet sich aber ein Bereich im Umbruch, wenn zum Beispiel die IT-Abteilung digitaler und agiler funktionieren soll. Hier können die ersten Schritte in Richtung „Triumvirat” im Sinne des Shared LeaderShift©-Modells auszutesten werden.

Worauf ist bei der Testphase als Experiment zu achten?

Vor dem Start des Experiments werden selbstverständlich erst einmal die Ziele und KPI´s definiert, die – basierend auf dem bestehenden Management-Modell – den Erfolg des Ansatzes messen.  Daher sollten sie gemeinsam mit allen Stakeholdern festgelegt werden. Das gilt übrigens auch für den „Versuchsaufbau“ und die Ausgestaltung der Umsetzung des Triumvirats.

Besonders spannend wäre es natürlich, das Experiment so anzulegen, dass es zwei Vergleichsgruppen gibt. Die eine Gruppe arbeitet nach dem bestehenden Muster der klassischen Führung durch eine Person, das heißt einer gestützten, hierarchisch-linearen Führung, während die andere Gruppe Erfahrungen mit und im Triumvirat sammelt.

Für die konkrete Umsetzung ist ein weiterer wesentlicher Erfolgsfaktor, dass das Pilotteam von Beginn an aktiv in die Kommunikation eingebunden ist und den eingeschlagenen Weg mitträgt. Ebenso sollten nur Personen in die neuen Führungsrollen gehen, die diesen Ansatz vorbehaltslos unterstützen können und bereit sind, Führung kollaborativ zu leben.

Das „Experiment“ sollte idealerweise durch einen erfahrenen Guide begleitet werden, der auch geeignet gerüstet ist, durch Krisen zu navigieren und potenzielle Konflikte zu lösen. Diese Prozessbegleitung sollte wiederum dokumentiert werden; zudem verfügt ein entsprechender Guide über nützliche Instrumente und Hilfsmittel.

Nehmen wir an, die Pilotphase ist bestanden: Was sind dann die nächsten Schritte?

Wenn es schon etwas mehr sein darf, kommen wir zum Triumvirat in der Lernenden Organisation. Das Shared LeaderShift©-Modell in diesem Rahmen empfiehlt sich vor allem für Unternehmen, die sich bereits auf den Weg in Richtung „Transformation“ gemacht und sich zum Ziel gesetzt haben, Agilität und Selbstorganisation im Unternehmen zu verankern. Sie haben in der Regel bereits agile Formate wie Scrum oder Design Thinking im Einsatz. Gleichzeitig stellen sie fest, dass der nachhaltige Erfolg und Wandel bisher ausgeblieben sind.

Mit der Einführung des Triumvirats werden bereits implementierte Strukturen aufgegriffen. Durch Nachschärfen der Rollen des Product Owners im Sinne eines „Customer & Value Leaders“ und des Scrum Masters im Sinne des „Team & Performance Leaders“ fokussiert sich das Handeln in den beiden Dimensionen. Der „People und Culture Leader“ ergänzt eine bisher aus Sicht der Mitarbeiter und Kooperationspartner unterrepräsentierte Rolle in der Führung.

Das Triumvirat als Führungsmodell einzuführen setzt voraus, dass alle Beteiligten bereits ein einheitliches Verständnis dieses Führungsansatzes teilen. Nun muss dafür ein neues Governance-Modell geschaffen werden; dieser Prozess sollte in der Hand eines crossfunktionalen Teams liegen und mit allen Beteiligten gemeinsam erfolgen.

Auch hier haben wir ein passendes Framework entwickelt, das die Implementierung geeignet sichert: an dieser Stelle führt dies vermutlich zu weit. Gerne berichte ich darüber gesondert.

Als dritte Option nannten Sie das strategische Re-Design. Eignet sich Shared LeaderShift© auch als Transformations-Tool für Unternehmen?

„Vom Purpose zum Nordstern“: Das strategische Re-Design ist sozusagen der ganze große Wurf unter den Implementierungsansätzen. Dieser noch umfassendere Weg ist vor allem für solche Unternehmen interessant, die heute vor der Entscheidung stehen, ihre Zukunft grundsätzlich neu zu denken, und sich der Transformation dabei vollumfänglich öffnen wollen.

Im Grunde handelt es sich hier um einen recht jungen Ansatz, der die klassische Strategiearbeit auf den Kopf stellt. Im Zentrum steht nicht mehr die Vision, aus der heraus die Strategie abgeleitet wird, sondern der Zweck – der Purpose – auf den sie aufbaut. Dieser Ansatz folgt den Überlegungen von Simon Sineks „Golden Circle“. Der Purpose steht dabei für das „WHY“ und bildet die Grundlage für alle weiteren Schritte der Organisationsentwicklung. Der Purpose-Findungs-Prozess ist der erste Schritt im Rahmen des strategischen Re-Designs und top-down verankert.

Ebenso wie die weiteren strategischen Aufgaben liegt dieser Prozess in der Hand der ergänzenden Rolle des „Purpose & Strategy Leaders“. Diese Funktion wird – wie schon erwähnt – in der Regel von einem eigenen Team wahrgenommen, das idealerweise auch crossfunktional besetzt ist. Der nächste Schritt ist dann, das „HOW“, also die Governance der Organisation, abzuleiten. Hier wird das Fundament gelegt, das Regelwerk des Unternehmens verfasst, und hier werden Werte und Normen für das gemeinsame Handeln verankert.

In einem weiteren Schritt ist dann in und mit dem Team „Purpose & Strategy“ der Nordstern zu definieren. Wohin soll die Reise gehen? Wohin zieht es den Zweck? Indem man der Zielvorstellung einer agilen Organisation folgt, ersetzt man dabei lineare Planungszyklen durch Iterationen. Quantitative Ziele definiert man in diesem Format nicht detailliert im Vorfeld, sondern leitet sie aus der Strategie ab.

Den Unternehmen in diesem Modus raten wir, zunächst beim „Purpose“ zu beginnen und sich die Frage zu stellen, welchem Zweck sie ihre Existenz widmen und was sie in die Welt bringen wollen. Wie auch beim Ansatz der „Lernenden Organisation“ gibt es hier ein entsprechendes Framework.

Nun gut, so viel zum Thema Skalierbarkeit. Was sollten Unternehmen ansonsten beachten, wenn sie das Konzept bei sich umsetzen möchten?

Ganz von allein und ohne Begleitung und/oder Qualifizierung wird auch das Shared LeaderShift©-Modell ein Unternehmen nicht einfach erobern und dort erfolgreich implementiert werden können. Bleiben wir bei unseren Überlegungen hierbei bewusst zunächst nur beim eigentlichen „Triumvirat“. Zum einen ist hier eine Qualifizierung aller Repräsentanten anzudenken, und zwar in zweierlei Hinsicht:

  1. Sie sollten dabei begleitet werden, eine entsprechende Haltung für dieses neue Führungsdenken zu entwickeln und die erforderlichen Kenntnisse und Verhaltensweisen erwerben, die diese Form der Zusammenarbeit und gemeinsamen Entscheidungsfindung erfordern.
  2. Sie sollten Lernmodule zur Verfügung gestellt bekommen, die sie für die idealtypische Gestaltung der Rollen befähigen.

Und zum anderen sollte die Implementierung auf organisationaler Ebene begleitet werden. Insofern ist es sinnvoll, die Weeklys des Triumvirats durch einen Coach beziehungsweise Facilitator zu unterstützen. Dieser sichert den vorgesehenen Ablauf und ermöglicht die Einhaltung und Anwendung der Spielregeln der Governance.

Diese Aufgabe kann zunächst extern übernommen werden, zeitnah jedoch auch von internen sogenannten Shared LeaderShift© Agents. Diese sollten ihrerseits geeignet befähigt werden.

Der von uns entwickelte Ansatz liefert auch die Antworten zu zahlreichen Umsetzungsfragen, zum Beispiel dazu, wie die Implementierung über begleitende Maßnahmen gesichert werden kann, oder wie unternehmensspezifische Herausforderungen in dieser Hinsicht zu meistern sind. Diese Antworten vertiefen wir gerne in einem persönlichen Gespräch.

Vielen herzlichen Dank, Frau Wietasch, für diese umfassenden Einblicke, wie dieses innovative Führungsmodell konkret umgesetzt werden kann und auf welche Punkte Unternehmen auf ihrem Weg der Transformation achten sollten. Wir wünschen Ihnen weiterhin viel Erfolg bei der Implementierung und den damit verbundenen Heldenreisen!

Das Interview mit Barbara Wietasch führte die TCI-Redaktion.

Anmerkung der Redaktion: Lesen Sie auch die vorangegangenen Teile der Interviewreihe!

Über Ihre Autorinnen

TCI-Partnerin Barbara Wietasch, Expertin für Mitarbeiterführung und Shared LeaderShift, und Eva-Maria Danzer, pezialistin für Menschen und Organisationen im Wandel
Barbara Wietasch (rechts) ist Partnerin der TCI und begleitet Menschen, Teams und Organisationen im Wandel als Coach, Trainerin und Consultant. Eva-Maria Danzer ist langjährige Spezialistin für Menschen und Organisationen im Wandel und begleitet diese auf deren Entwicklungsweg. Gemeinsam haben sie das Shared-LeaderShift©-Konzept aus der Taufe gehoben. (Bilder: © Barbara Wietasch | Margit Marnul, Wien; © Eva-Maria Danzer)

Barbara Wietasch ist Master of Advanced Studies (MAS) als Personal- und Organisationsentwicklerin und begeistert sich seit mehr als 20 Jahren für die Begleitung von Menschen, Teams und Organisationen im Wandel, als Coach, als Trainerin und als Consultant. Ihre Wurzeln sind im Vertrieb & Marketing. Daher stehen für sie in allen organisationalen Veränderungen immer die Menschen – das heißt die internen und externen Kunden – im Fokus. Bei ihrer Arbeit geht sie grundlegend davon aus, dass Systeme die Lösung in sich tragen und kundig sind. Auf der Reise hin zu „New Work“ sieht sie sich als Brückenbauerin auf verschiedenen Ebenen.

Eva-Maria Danzer ist seit mehr als 25 Jahren Spezialistin für Menschen und Organisationen im Wandel. Sie ist Geschäftsführerin von „The Company Journey Guides“, einer Gesellschaft für Unternehmensentwicklung in München mit über 20 Personen. Sie verstehen sich als Entwicklungsbegleiter von Organisationen auf deren eigener Journey. Hierbei sind sie international tätig, insbesondere in vier Fokusbereichen: Mindset first, Leader-Shift, Hero Customer, Zeitgeist Learning & Organisational Development.

(Coverbild: © goodluz | stock.adobe.com)

Über den Autor

Barbara Wietasch

Barbara Wietasch

Barbara Wietasch, Personal- und Organisationsentwicklerin begleitet Menschen, Teams und Organisationen im Wandel als Coach, Trainerin und Consultant. Auf der Reise hin zu „New Work“ sieht sie sich als Brückenbauerin auf verschiedenen Ebenen.

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